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Fische, die vom Himmel fallen
9 Nov 2022 Birthe 0
Prachtgrundkärpflinge der Gattung Nothobranchius
Verbreitungsgebiete und Biotope
Prachtgrundkärpflinge kommen in Afrika vor. Das Verbreitungsgebiet der Gattung Nothobranchius ist das Ostafrikanische Küstentiefland. Es erstreckt sich vom Süden Somalias bis in den Süden von Mosambik. Außerdem findet man Vertreter der Gattung im südlichen Sudan und im östlichen Kongo. Es wurde eine Art im Tschad nachgewiesen.
Prachtgrundkärpflinge leben unter extremen klimatischen Bedingungen. Ihre Biotope haben savannencharakter. Außerdem besiedeln sie Sumpfgebiete und Überschwemmungsgebiete der Flüsse. Diese Lebensräume sind gekennzeichnet durch lange Trockenperioden und kürzere oder längere Regenzeiten. Diese Bedingungen erfordern eine extreme Anpassung: die Gewässer trocknen während der Trockenzeit aus und werden zur Regenzeit dann wieder mit Wasser gefüllt.
Die Fische müssen in der Regenperiode für das Weiterbestehen ihrer Art sorgen.
Die Prachtgrundkärpflinge legen während der Zeit, in der die Gewässer Wasser führen, ihre Eier im Bodengrund ab. Trocknen die Gewässer aus, sterben die Tiere. In der Trockenzeit entwickeln sich die Embryonen im Boden, Kommt dann der nächste Regen, schlüpfen die Jungfische und der Kreislauf beginnt von Neuem. Da nach dem Regen plötzlich in den Tümpeln Fische auftauchten, gab es für die Menschen, die dort lebten nur eine Erklärung: diese Fische sind mit dem Regen vom Himmel gefallen.
Prachtgrundkärpflinge in der Aquaristik
Bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts galten die Nothobrachius Arten als schwer zu pflegen und zu vermehren. Erste als erkannt wurde, unter welchen Umweltbedingungen die Fische in den Heimatgewässern lebten, kam dann der Durchbruch. Man hatte erkannt, dass die kurze Lebensdauer der Tiere von Natur aus sehr begrenzt ist (Nothobranchius werden maximal 14 Monate alt, in der Regel ist ihr Lebenszyklus nach 9 Monaten beendet) und dass die Eier eine mehr oder weniger lange Trockenperiode brauchen, um sich zu entwickeln.
Haltung und Vermehrung der Prachtgrundkärpflinge
Nothobranchius werden am besten in Artenbecken gepflegt. Für ein Paar reicht ein Aquarium mit den Maßen 40 x 25 x 25 cm. In so einem Becken kann man auch mehrere Tiere halten. Es ist vorteilhaft, mehrere Männchen miteinander zu pflegen, da sie ständig in Kampfstimmung sind. Wenn die Männchen sich mit gespreizten Flossen gegenseitig imponieren, ist das ein toller Anblick, da sie dann ihre ganze Farbenpracht zeigen. Ein größeres, gut bepflanztes Becken mit Männchen verschiedener Arten ist ein unvergleichlicher Anblick. Die Farbenpracht der meisten Nothobranchius Arten ist spektakulär. Die Weibchen, die einfarbig beige sind, nur bei einigen Arten gibt es graue Zeichnungen auf Körper und Flossen, sollte man nur zum Zwecke der Vermehrung mit den jeweiligen Männchen zusammen tun. Die Weibchen der meisten Arten lassen sich kaum unterscheiden und sollten getrennt gehalten werden.
Will man die Prachtgrundkärpflinge vermehren, sollte man folgendermaßen vorgehen: ein Aquarium mit den Maßen 30 x 20 x 20 ist ausreichend für einen Zuchtansatz. Es wird ohne Bodengrund eingerichtet. Ein paar Pflanzen oder ein Stück Moorkienholz sollten als Versteckmöglichkeit für die Weibchen eingebracht werde, da die Männchen stark treiben und die Weibchen durchaus verletzen könnten. Das Becken wird dann mit Wasser gefüllt, Abgestandenes Leitungswasser reicht aus, da die Fische keine besonderen Ansprüche an Härte und ph-Wert stellen. Die Temperatur wird auf 24° bis 26° C. eingestellt. Nun werden ein Männchen und zwei bis drei Weibchen eingesetzt. Die Tiere sollten zuor getrennt gehalten und gut gefüttert werden. Eine Kunststoffschale wird dann mit Torf oder feinem Sand gefüllt und ins Becken gesellt. Der Torf sollte gut gewässert sein, damit er nicht aufschwimmt. Die Tiere im Ansatz werden nicht gefüttert, um das Wasser nicht zu belasten. Die Tiere schreiten im Allgemeinen sogleich zur Tat und legen die Eier im angebotenen Substrat ab. Dazu schwimmt das Männchen über dem Weibchen und drückt dieses in den Torf. Das Weibchen bestimmt die Ablaichstelle. Das Paar pflügt dann über das Substrat und es werden Eier und Spermien abgegeben.
Das wiederholt sich, bis die Weibchen Ihren Eiervorrat verbraucht haben, danach weichen sie dem Drängen des Männchens aus.
Man sollte die Tiere nur maximal einen Tag zusammen lassen, da die Männchen stark treiben und die Weibchen dann ständig auf der Flucht sind.
Nun sollte man das Laichsubstrat aus der Schale herausnehmen und, wenn man Torf verwendet, diesen vorsichtig ausdrücken. Der Torf wird dann in Zeitungspapier oder Haushaltspapier eingepackt, um ihn zu trocknen. Er sollte eine Restfeuchtigkeit aufweisen. Einige Züchter sprechen von Tabakfeuchte, dieser Begriff ist für Nichtraucher schwer zu definieren. Es reicht, wenn der Torf noch gerade Wasser aufnimmt. Torf und Eier werden nun in eine Plastiktüte oder eine verschließbare Schale verpackt. Der Beutel sollte dann mit Luft befüllt werden.
Verwendet man Sand, sollte die Körnung kleiner sein als die Eier. Der Sand wird vorsichtig unter Wasser durch ein Sieb geschüttet, dessen Maschenweite den Sand durchlässt, aber die Eier zurück hält. Diese werden dann auf Torf gelagert, so hat man eine Kontrolle über die Anzahl der Eier und kann die Entwicklung besser verfolgen.
Es gibt noch eine andere Möglichkeit die Eier aufzubewahren: wenn man die aus dem Sand gesiebten Eier auf sterilem feuchtem Zellstoff bringt. So kann man die Entwicklung noch besser verfolgen. Hier ist allerdings Fingerspitzengefühl mit dem Feuchtigkeitshaushalt gefragt.
Die Entwicklungsdauer des Laichs hängt von verschiedenen Faktoren ab. Feuchtigkeit des Substrates , die Temperatur und die Art der Nothobranchius haben Einfluss auf die Entwicklungsdauer, so kann man die Entwicklung bei hohen Temperaturen von ca. 30°C und einem trockenen Torf verkürzen. Auch ist die Embryonalentwicklung der Arten sehr unterschiedlich. So kann die Entwicklung beim Noth. guentheri nach 3 bis 4 Monaten abgeschlossen sein, beim Noth. rachovii dauert es dagegen 6 bis 8 Monate. Man kann bei den meisten Arten aber auch die Inkubationszeit verlängern und den Laich dann aufgießen, wenn es für den Halter am günstigsten ist, z.B. wegen der Futterbeschaffung. Nur sollte man sich schon nach den angegebenen Zeiten richten. Ich habe vor vielen Jahren einen Ansatz vergessen und ihn nach über einem Jahr aufgegossen. Es schlüpften da noch ca. 30 Jungfische, von denen die Hälfte „Bauchrutscher“ waren. Mit den gesunden Tieren habe ich dann weiter gezüchtet. Die Bauchrutscher entstanden meiner Meinung nach durch die unterbliebene Belüftung des Ansatzes. Da die Entwicklung der Eier über einen längeren Zeitraum erfolgt, legen die Embryonen eine Entwicklungspause ein. Diese Verzögerung ist wichtig, da die Regenzeit sehr unterschiedlich auftritt. Diese Pause wird als Diapause bezeichnet. Je nach Witterung können bis zu drei dieser Pausen auftreten. Bleibt der Regen längere Zeit aus, stirbt ein Teil der Embryonen ab. Im Allgemeinen überleben aber so viele, dass der Bestand gesichert ist. Diese so genannten Dauereier halten dann auch ein längere Zeit aus.
Die Aufzucht der Jungfische
Mit dem Aufguss und dem Schlüpfen der Jungfische beginnt dann die Arbeit. Um die Fische schlüpfen zu lassen, gibt man den Torf in eine Schale. Ich benutze dazu einen Kunstoffbehälter mit den Maßen 30 x 20 x10 cm und übergieße ihn dann mit Leitungswasser, das auch durchaus kalt sein kann. Dann rühre ich den Torf um und warte, bis die ersten Jungfische zu sehen sind. Das kann einige Stunden oder auch einige Tage dauern. Sind die Fischlein zu sehen, werden diese mit einem Löffel vorsichtig aus dem Behälter heraus gehoben. Sie werden dann in eine vorbereitete Schale gesetzt. Da ist viel Geduld gefragt, da die Kleinen sich im Torf verstecken.
Die herausgefangenen Tiere müssen bald mit Futter versorgt werden. Die meisten Arten nehmen gleich frisch geschlüpfte Artemia an. Bei wenigen Arten muss man Infusorien anbieten, da die Fische zu klein sind um Artemia zu schlucken. Wer die Fische in den Sommermonaten schlüpfen lässt, kann auch die Eischiffchen der Stechmücke auf die Wasseroberfläche legen. Die daraus schlüpfenden winzigen Larven sind ein hervorragendes Futter für die kleinen Nothos.
Um gute Tiere zu bekommen, muss man zwei- bis dreimal am Tag füttern. Da Nothobranchius sehr schnell wachsen, ist dieses unumgänglich. Ebenso wichtig ist ein häufiger Wasserwechsel, da abgestorbene Futtertiere und Ausscheidungen der Fische das Wasser belasten. Um abgestorbene Artemia zu beseitigen, sollte man Wasserschnecken in den Aufzuchtbehälter einbringen.
Nach einer Woche sollte man die Wassermenge im Aufzuchtbehälter verdoppeln oder einen Teil der Jungfische in einen zweiten Behälter umsetzen. Diese Vergrößerung des Wasservolumens ist dann wöchentlich zu wiederholen.
Bei dieser Form der Aufzucht kann man schon nach vier Wochen die ersten Männchen erkennen, die dann schon eine Pigmentierung auf Körper und Flossen zeigen. Diese frühen Männchen sollte man aussortieren und in einen anderen Behälter unterbringen, da sie die kleineren Weibchen bei der Futteraufnahme behindern.
Nach weiteren vier Wochen sind dann alle Tiere gut zu unterscheiden und man sollte die Geschlechter getrennt aufziehen.
Nach drei Monaten kann man die Tiere dann schon zur Vermehrung ansetzen. Ich mache das aber erst nach ca. vier Monaten.
Die Aufzucht, so wie sie hier beschrieben wurde, ist sehr aufwendig, aber es lohnt sich.
Trotz ihrer kurzen Lebensdauer ist es schon einen Versuch wert, sich einmal mit der Haltung dieser wunderschönen Fische zu befassen.
Nun noch ein paar Worte zur Situation in den Heimatgewässern der Prachtgrundkärpflinge: Durch die Bevölkerungszunahme in den Ländern werden die Sumpfgebiete und Teiche trocken gelegt, um das Land für den Ackerbau und Straßenbau nutzbar zu machen. Das ist nicht nur in Afrika so, schauen wir uns doch hier einmal um! Damit werden die Lebensräume dieser Fische unwiederbringlich zerstört. Manche Arten sind in der Natur schon nicht mehr auffindbar und wohl für immer verloren. Eine Folge zunehmender Urbanisierung. Arten mit einem kleinen Verbreitungsgebiet sind davon am stärksten betroffen.
Daher ist es umso wichtiger, sich mit der Nachzucht und Erhaltung dieser Arten in der Aquaristik zu beschäftigen. Einen großen Vorteil haben die Dauereier: Man kann sie bei guter Witterung einfach per Post verschicken.
Heutzutage fallen sie also nicht mehr vom Himmel, sondern in den Briefkasten.
Categories: Allgemein, Zierfische, Zuchtberichte
Schlagwörter: aquaristik, aufzucht, erhaltungszucht, killifische, nothobranchius, prachtgrundkärpflinge, rachovii, zierfische, zucht
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